Ergebnisse
Es konnten 906 Patienten in die Analyse einbezogen werden (EXP, n = 460, STD, n = 446). Events für LRF traten im EXP bei 54/460 Pat. (11,7%) und im STD bei 36/446 Pat. (8,1%) auf (p = 0,07). Ein Event für eLRF trat bei 20 Pat. auf (beide Arme, jeweils n = 10). Fernmetastasen zusätzlich zum eLRF traten bei 8/10 Pat. (EXP) bzw. 10/10 Pat. (STD) auf. Prädiktive Faktoren für eLRF (univariate Analyse, keine Signifikanz in multivariater Analyse) umfassten die Distanz ab ano, befallene LLN und EMVI-Positivität. Die Raten für LRR waren bei EXP-Behandlung höher als bei STD-Behandlung (44/431, 10,2% vs. 26/428, 6,1%, p = 0,027) mit zudem häufiger aufgebrochenem Mesorektum (9/44, 21% vs. 1/26, 4%, p = 0,048). Negative prognostische Faktoren bezüglich LRR (Cox-Regressionsanalyse) waren EXP-Behandlung, befallene LLN, histopathologische CRM-Positivität, Tumor-Deposits und ypN-Status. Beim Auftreten vorheriger/synchroner Fernmetastasen bei LRR zeigte sich kein Unterschied im EXP vs. STD (insgesamt 36/70 Pat., 52%). LRR traten bei EXP- vs. STD-Behandlung häufiger bei 3‑D-konformaler Radiotherapie (3-D-CRT, 11,6% vs. 6,0%, p = 0,016), nicht jedoch bei intensitätsmodulierter Radiotherapie/„volumetric modulated arc therapy“ (IMRT/VMAT, 6,3% vs. 6,2%, p = 0,96) auf. Die EXP-Behandlung war assoziiert mit besserem 5‑Jahres-DrTF (27,8% vs. 34,0%, p = 0,048) und einer Reduktion der Rate von DM (23,0% vs. 30,4%, p = 0,011). Beim 5‑Jahres-Gesamtüberleben nach LRF zeigte sich kein Unterschied (EXP, 81,7%, STD, 80,2%, p = 0,29).
Kommentar
Die Ergebnisse der RAPIDO-Studie zeigten im 3‑ und 5‑Jahres-Follow-up für Patienten mit LARC einen Vorteil bezüglich DrTF und DM [
1,
2]. In 2021 wurde die TNT – mit SCRT oder LZ-RCT – als neue präferierte Therapieoption bewertet [
1]. Die nun erhöhten LRR-Raten weisen darauf hin, dass die SCRT bei TNT für Patienten mit hohem Risiko nur eingeschränkt geeignet ist, um eine adäquate lokale Kontrolle zu erzielen. Daher ist die Optimierung lokaltherapeutischer Maßnahmen erforderlich.
LRR traten bei EXP-Behandlung häufiger bei 3‑D-CRT, nicht jedoch bei IMRT/VMAT auf. Die Autoren argumentierten, dass die bei IMRT/VMAT in jedem Fall erforderliche individuelle Zielvolumenkonturierung ursächlich sein könnte. Wee et al. berichteten 2018 in einer Metaanalyse/gepoolten Analyse, dass IMRT bei präoperativer Radiotherapie für LARC die Akuttoxizitäten relevant reduzierte [
3]. Daher könnten auch höhere Toxizitätsraten und daraus resultierende reduzierte Therapiecompliance bei 3‑D-CRT die LRR erklären. Dies wurde von Dijkstra et al. aktuell nicht analysiert – zu Lebensqualität/Spättoxizitäten wurden die RAPIDO-Studienergebnisse bereits in 2022 berichtet [
4]. Insgesamt zeigt dies den großen Stellenwert einer Radiotherapie mit hochpräziser Technik und individuell optimal angepasstem Zielvolumen für die onkologischen Ergebnisse bei TNT. IMRT/VMAT sollten standardmäßig verwendet werden. Zukünftige Fortschritte könnten mittels Online-Adaptiver-Radiotherapie erzielt werden. Erste Studien zeigen, dass hiermit weitere Verfeinerungen wie reduzierte Sicherheitssäume möglich sind [
5].
Weiterhin wurden der prädiktive Charakter des LLN-Befalls hinsichtlich der LRR sowie die mögliche therapeutische Adressierung diskutiert. Ogura et al. berichteten 2019 in einer retrospektiven multizentrischen Studie reduzierte LLN-Rezidivraten nach LLN-Dissektion [
6]. Angesichts der längeren Dauer und höheren Morbidität der Tumorresektion mit LLN-Dissektion wurde alternativ eine Dosisaufsättigung der LLN diskutiert. Allerdings können hier bisher nur retrospektive Studien mit geringer Pat.-Zahl als Evidenz genannt werden [
7]. Der optimale Dosiskorridor für eine Aufsättigung wird in diesem Rahmen noch zu definieren sein. Hearn et al. fanden 2021 bei einer Metaanalyse (ohne spezifische Berücksichtigung der LLN) einen Vorteil durch Applikation von ≥ 54 Gy hinsichtlich der Raten pathologischer Komplettremissionen [
8]. Insgesamt weist dies darauf hin, dass zukünftig eine gezielte Dosisaufsättigung von Primärtumor/befallenen Lymphknoten in Studienkonzepte integriert werden sollte.
Marcus Edelmann, Stefan Rieken und Leif Hendrik Dröge, Göttingen
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